Author: Michal Matlon
Image: Nick Hillier
Mittlerweile ist klar, dass wir die Rolle, die Arbeitsplätze in unseren Organisationen spielen, überdenken müssen. Lange Zeit waren unsere Büros „Orte der Gewohnheit“ – Orte, die Menschen aufsuchen, ohne zu hinterfragen, ob sie notwendig sind oder worin genau ihr Nutzen, ihre Funktionen bestehen.
Nicht, dass es an Klagen über schlechte Arbeitsumgebungen gefehlt hätte. Es ist nur so, dass sich sehr wenige Menschen vorstellen konnten, dass eine solche Veränderung der Praktiken – bedingt durch die Pandemie – und die daraus resultierende Diskussion so schnell kommen würde.
Wir schlagen vor, bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen einen radikal purpose-orientierten Ansatz zu verfolgen. Das bedeutet, dass wir nicht mit Fragen wie „Sollen wir mehr offene Räume planen?“ oder „Wie können wir die Menschen dazu bringen, Büromenschen zu werden?“ beginnen.
Der Prozess würde vielmehr mit der Frage beginnen: „Wie können Räume unsere zukünftigen Wissens- und Innovationsprozesse unterstützen?“ Mehr denn je ist es jetzt an der Zeit, sich zu fragen: „Worum geht es eigentlich in meinem Büro? Und wie kann ich ihn zu einem so attraktiven und sinnvollen Ort machen, dass sich Menschen dort gerne aufhalten? So dass sie selbst und meine Organisation von ihrer Anwesenheit und ihren Interaktionen profitieren?
In unserem vorherigen Blogpost haben Sie erfahren, warum wir uns für eine Arbeit einsetzen und fördern sollten, die Menschen mit einer tiefgreifenden Erfahrung von Freude („joy“) erfüllt. Wir behaupten, dass Freude, basierend auf dem Konzept der Eudaimonie, eine so grundlegende Sache ist, dass sie eigentlich das Endziel darstellt, zu dem unsere Arbeit (und unser Leben) führen sollte. Der letztendliche Sinn der Arbeit besteht eben darin, (eudaimonische) Freude in ihr zu finden.
Wir haben Sie daran teilhaben lassen, was dies in der Praxis bedeutet und was Sie tun können, um freudvolle Arbeit in Ihrer Organisation zu verwirklichen. Nun wollen wir uns im Besonderen dem Raum widmen und genauer dem, wie er zu einem Wegbereiter für freudvolle Arbeit werden kann – ein „Enabling Space“.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass ein Raum allein die Arbeit nicht plötzlich freudvoll macht. Wie einer unserer Interviewpartner, der Architekt Stefan Camenzind, auf den Punkt brachte, ist der Arbeitsplatz wie das Gewürz einer Mahlzeit. Wenn man mit frischen Zutaten beginnt, kann dies für den dringend benötigten Geschmack sorgen.
Verdorbenes Fleisch kann nicht mit Salz und Pfeffer wieder genießbar gemacht werden. Die frischen Zutaten sind in diesem Fall eine gut durchdachte Organisation, die auf einem „purpose“, einer unterstützenden Kultur, aufgeschlossenen Menschen und einer auf Vertrauen basierenden Mitarbeiter:innengemeinschaft beruht.
Lassen Sie uns nun einen Blick darauf werfen, wie Sie das Büro zu dem Gewürz machen können, das Ihren Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen Freude an der Arbeit bereitet.
1. Lassen Sie die Menschen entscheiden, wie sie arbeiten möchten.
Nach der Pandemie hat sich zunehmend ein neues Arbeitsparadigma durchgesetzt, bei dem die Menschen selbst entscheiden können, ob sie im Büro, zu Hause oder anderswo arbeiten möchten. Führungskräfte müssen diese Autonomie gewährleisten, aber auch die Teammitglieder dabei unterstützen, miteinander zu verhandeln und ihre eigenen Regeln aufzustellen, wie, wo und wann das Team interagieren soll.
2. Verstehen Sie, was jede:r Mitarbeiter:in vom Büro erwartet.
Jemand, der ein gut ausgestattetes und komfortables Homeoffice hat, wird nicht motiviert sein, zur Arbeit zu kommen, nur um das Gleiche zu tun, was er zu Hause tun könnte. Vor allem, wenn sich die Arbeit im Büro schlechter anfühlt als zu Hause. Andererseits wird jemand, der zu Hause eine ungemütliche oder ablenkende Umgebung hat, das Büro nicht nur für Treffen mit anderen und die Zusammenarbeit nutzen wollen, sondern auch für ungestörtes, konzentriertes Arbeiten.
3. Erlauben Sie den Menschen, ihren Raum zu personalisieren und anzupassen.
Ein gutes Büro muss kein fertiges Produkt sein, das nicht verändert werden kann. Eine gute Arbeitsplatzgestaltung bietet zwar die Elemente, die die Nutzer:innen nicht selbst einbringen können, aber sie bietet viele Möglichkeiten, den Raum so zu gestalten, dass die Nutzer:innen den Raum als ihren eigenen wahrnehmen und ihn an die Kultur des Teams anpassen können.
Es sollten also Regeln vermieden werden, die es Mitarbeiter:innen verbieten, unter anderem Materialien an den Wänden anzubringen oder persönliche Gegenstände im Teambereich zu hinterlassen, also den Raum an ihre Bedürfnisse anzupassen. Das Engagement und die Zufriedenheit der Menschen steigen in einer stark personalisierten Umgebung, in der sie ihre individuelle und Teamidentität zum Ausdruck bringen können.
4. Ermöglichen Sie es Ihren Mitarbeiter:innen, sich zu konzentrieren und wirklich effektiv zu sein.
Man kann viel über die Gestaltung nachhaltig produktiver Arbeitsplätze im Allgemeinen aus verschiedenen Berichten, Dokumentationen von Zertifikaten wie WELL und Richtlinien zum biophilen Design lernen. Wenn Sie aber diese allgemeinen Grundsätze anwenden, ist es ebenso wichtig, die individuellen Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter:innen in Bezug auf die Arbeitseffektivität zu erfüllen.
Wahrscheinlich wissen Sie selbst, wie Ihr Arbeitsplatz beschaffen sein muss, damit Sie gut arbeiten können. Und Sie wissen wahrscheinlich auch, dass Menschen sich in Bezug auf Merkmale wie das Maß an visuellen, akustischen und sozialen Reizen, unter denen sie am besten arbeiten können, stark unterscheiden. Sie haben auch unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf Ergonomie und Ausstattung, die, wenn sie nicht erfüllt werden, die Qualität ihrer Arbeit beinträchtigen.
Menschen pflegen auch unterschiedliche Methoden, ihre Gedanken zu ordnen – einige müssen ihre Gedanken visuell ausdrücken, zum Beispiel auf einer Tafel. Andere arbeiten am besten, wenn sie ihre Gedanken laut aussprechen oder sich mit anderen verbal austauschen können. Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter:innen daher gut verstehen und deren individuellen Bedürfnisse am Arbeitsplatz berücksichtigen, wenn sie das wahre Potential ihrer Kolleg:innen erkennen wollen.
5. Schaffen Sie Räume für bedeutungsvolle soziale Begegnungen und ein Gefühl der Zugehörigkeit.
Mitarbeiter:innen erleben ihre Arbeit als freundvoll, sinnstiftend und entwickeln eine starke Bindung zu ihrer Organisation, wenn sie das Gefühl haben, Teil einer echten Gemeinschaft zu sein. Dies bedeutet auch, dass sie sich wohl dabei fühlen müssen, ihr authentisches Selbst am Arbeitsplatz zu zeigen. Dies ist in erster Linie eine Aufgabe für Führungskräfte – ein solches Gefühl entsteht durch eine einladende Organisationskultur. Jedoch spielt auch ein gut gestalteter Raum eine wichtige Rolle als Ermöglicher.
Menschen müssen die Kontrolle darüber haben, wie viel sie von sich selbst anderen preisgeben. Die Mode von vollständig transparenten Büros, die nur durch Glaswände getrennt sind, hat zu einem ständigen Gefühl des Beobachtetwerdens und der Verletzlichkeit geführt.
Dennoch genießen wir die Interaktion mit anderen am meisten, wenn sie nicht erzwungen ist, wenn wir wirklich selbst entscheiden können, wann und mit wem wir interagieren. Deshalb ist es wichtig, Orte zu gestalten, an denen Menschen allein sein können oder nur mit ihrem engsten Team, wenn nötig.
Ein praktisches Beispiel für die Umsetzung dieses Konzepts ist das „Team-Neighborhood“-Modell: Ein:e Besucher:in durchquert Zwischenzonen wie Breakout- und Kollaborationsräume, bevor sie:er den Kernbereich des Teams erreicht.
Gleichzeitig ist es wichtig, Orte zu schaffen, die intensive soziale Interaktionen unterstützen – Orte, an denen jeder aus der Firma vorbeikommen, neue Leute kennenlernen oder gemeinsam mit anderen aktiv werden kann. Diese Räume können sozialen Orten ähneln, die wir außerhalb der Arbeit finden – belebte Cafés, gemütliche Clubs, Aktivitäts- oder Veranstaltungsorte. Natürlich ist die Organisation der richtigen Veranstaltungen in diesen Räumen genauso wichtig wie das Design des Raumes selbst.
6. Schaffen Sie Orte für Spielfreude und Experimentierfreudigkeit.
Eine wichtige Eigenschaft einer angenehmen Arbeitsumgebung ist die Möglichkeit, regelmäßig neue Dinge und Ansätze zur Problemlösung auszuprobieren und auch zu scheitern, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Sie können Arbeitsplätze so gestalten, dass solche Aktivitäten ermöglicht werden. Beispielsweise durch die Schaffung von Projekt- oder Prototyping-Räumen, die Teams für einige Wochen oder Monate besetzen können, während sie gemeinsam arbeiten.
Diese Räume müssen es den Teams ermöglichen, sie wirklich „zu besitzen“, solange sie sie brauchen. Sie sollten in der Lage sein, ihre persönlichen Gegenstände und Projektmaterialien dort zu lassen, auch wenn sie den Raum vorübergehend verlassen.
Solche Räume sollten auch eine sichere Umgebung schaffen, indem sie dem Team vollständige visuelle und akustische Privatsphäre bieten – niemand sollte sehen können, was darin passiert, bis sie bereit sind, es anderen zu präsentieren. Dann sollte der Raum aber auch die Möglichkeit bieten, die Arbeit den Kolleg:innen vorzuführen.
Ein anderer Typ von Experimentierraum könnten Workshops und „Maker Spaces“ sein. Für diese gelten dieselben Prinzipien, ergänzt durch mögliche Expert:innenunterstützung und organisierte Programme.
7. Gestalten Sie Räume für Erholung und Regeneration.
Wie Sie bereits von uns erfahren haben, ist das Schaffen von Möglichkeiten und das Erlauben von „not-work“ („Nicht-Arbeit“) am Arbeitsplatz ein wichtiger Aspekt einer angenehmen Arbeitsumgebung, die zu radikaler Innovation führt. Der Arbeitsplatz kann not-work-Arbeit durch spezifische Raumtypen und bestimmte Gestaltungsqualitäten ermöglichen (beispielsweise biophiles Design).
Führungskräfte müssen solche regenerativen Räume für ihre Mitarbeiter:innen bereitstellen, sei es Entspannungs- und Meditationsräume, ruhige Gärten und Parks, Orte für Bewegung wie Yoga oder auch einfache Annehmlichkeiten wie private Duschen.
Die Mitarbeiter:innen müssen dabei jedoch das Gefühl haben, dass sie diese Räume frei nutzen können und dass sie keine sozialen Konsequenzen für die Nutzung zu befürchten haben. Letztendlich liegt es an den Führungskräften, eine solche Kultur zu entwickeln.
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Unser multidisziplinäres Team bringt mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Räumen, die Organisationen zum Blühen bringen. Unsere Kund:innen schätzen vor allem unseren authentischen, zielgerichteten und kreativen Ansatz bei der Umsetzung ihrer Transformationsprojekte.
Dank unserer Expertise in der Kognitionswissenschaft verstehen wir die kulturellen und wertebasierten Besonderheiten Ihrer Organisation. Gemeinsam mit Ihnen gestalten wir so einen Arbeitsplatz, der nicht nur funktional ist, sondern Ihre Mitarbeiter:innen täglich inspiriert und motiviert.